Konjugationstabellen

Kurz wie im Mittelhochdeutschen ist in der 1. Silbe von "geben" der betonte e-Laut des gemeingermanischen Verbs im Oberhessischen; mhd. ë entwickelte sich zum zentrierenden Kurzdiphthong. Als intervokalischer Konsonant tritt im Infinitiv <gäewe> (geben) ein weiches stimmhaftes [v] auf, das außerdem ein Silbengelenk bildet. Bei <gebt> (gibt) im Präsens sank der kurze i-Laut zum halboffenen e-Laut ab. Der Vorgang der Hebungen und Senkungen wird auf der Seite 8.88 erläutert.

Durch Verdumpfung entstand aus dem langen /a:/ ein langer offener o-Laut im Präteritum <gòb> (gab). Ob neben der vorgefundenen Indikativform noch eine Konjunktivform im Oberhess. existiert, ließ sich nicht feststellen. Das Partizip <gowe> (gegeben) besitzt einen Kurz­vokal als Träger der betonten 1. Silbe; hinter diesem o-Laut bildet das weiche [v] ein Silbengelenk. Verloren ging das Präteritum im städt. Neuhessisch.

In der untersuchten Sprachform fiel die Vorsilbe <ge-> beim Partizip <gowe> (gegeben) weg. Von der Vereinfachung sind noch andere Partizipien betroffen: <gäesse> (gegessen), <komme> (ge­kommen), <woen> (geworden). Örtlich kann <gange> (gegangen) auftreten.

Das gemeingermanische Verb "gehen" besitzt im Oberhess. einen alten Kurz­vokal: <gin ach> /gin-açh/ (gehe ich), <giste> (gehst du), <git> (geht). Auf­grund der früheren Nasalierung tritt im Infinitiv ein Langvokal in Erscheinung: <gí> (gehen). Der e-Laut wurde durch eine Hebung zum oberhess. i-Laut.

Nach wie vor verwendungsfähig ist das Präteritum <geng> (ging). Der offene i-Laut verwandelte sich aufgrund einer Senkung in den halb zentrierten halb­offenen e-Laut des Oberhessischen. Im Gegensatz dazu fehlt das Präteritum in der neuhess. Stadtsprache.